Am 19. August verstarb der niederländische Maler Jan Andriesse (1950-2021), der zeit seines Lebens eine besondere Beziehung zum Museum Kurhaus Kleve hatte, das ihm im Frühling 2003 als erstes deutsches Museum eine umfassende Einzelausstellung widmete.
Andriesses Lebenslauf zeichnet ihn als Kosmopolit aus. 1950 in Jakarta geboren – dem ehemaligen niederländischen Batavia, in den Gründungsjahren der jungen Republik Indonesien – wuchs er in San Salvador und Kanada auf. Nach einem Studium an der Akademie in Den Haag und nach längeren Aufenthalten in Kanada und New York lebte und arbeitete er seit den späten achtziger Jahren in Amsterdam.
Jan Andriesse war ein ungewöhnlicher Maler. Alles Flüchtige war ihm fremd. Er war stets in Weiß gekleidet und erschien immer nachdenklich, meist in sich gekehrt, um dann apodiktische Erklärungen von sich zu geben. Er wollte in seiner Malerei die Phänomenologie des Lichts sichtbar machen, die Reflexion des Lichts auf dem Wasser, die Bewegung des Lichts auf den Wellen, das, was nicht greifbar war, er aber trotzdem in der Malerei darstellen wollte.
Bekanntheit erlangte er, als er für das neue niederländische Parlament einen „Regenbogen“ vorschlug, mit der Begründung, dass es nichts Schöneres in der Natur gab. Die fließenden, nicht wahrnehmbaren Übergänge der Farben in der Natur evozierte er in diesen Arbeiten meisterhaft, ebenso wie in dem Triptychon Kleurenspektrum van het daglicht (1997), ein Höhepunkt in der Sammlung des Klever Museums.
Jan Andriesse näherte sich der Malerei an, wie seine Vorläufer aus der Renaissance, belesen, kenntnisreich. Er beschäftigte sich intensiv mit der Naturwissenschaft, den Erkenntnissen von Christian Huygens und Johannes Keppler, und schafft in seiner Kunst ein malerisches Äquivalent dazu.
Er empfand die stillen Räume des Kurhauses, das er kurz nach seiner Eröffnung 1997 kennenlernte, als einen idealen Ort, um seine Anliegen zu verdeutlichen. Die Ausstellung, die ihm 2003 gewidmet wurde, machte diese Beschäftigung intensiv erfahrbar. Im zweiten Obergeschoss realisierte er als Wandmalerei seinen letzten Regenbogen und platzierte eine Gruppe von mittelalterlichen Heiligenfiguren davor: ein Abbild des Himmels.
In der großen Wandelhalle schuf er monumentale Wandreliefs aus Gips, eine zusammenhängende Gruppe, die die Beziehung zwischen Kreis und Kurve thematisieren, in einem Dialog von einer Ritzung und einer an zwei Punkten aufgehängten Kette.
Unvergessen ist mir der Besuch von Jan an seiner Ausstellung in Begleitung der weltberühmten Kunsthistorikerin Svetlana Alpers, die sich auch in einem wunderbaren Essay im Katalog zur Austellung mit Jans Arbeiten beschäftigt. Mit Svetlana Alpers diskutiert Jan Andriesse in einem Film über den amerikanischen Maler Alex Katz. Für diesen produktiven, so amerikanischen Maler hatte Jan eine große Bewunderung; unvergessen der Winterabend während der Ausstellung Alex Katz. An American way of seeing (2010), als er mit Zug und Bus aus Amsterdam in Schneestiefeln und mit einer Plastiktüte anreiste, in dem er seine Katz-Studie transportierte, um diese dem Klever Publikum zu zeigen und zu erläutern.
Der Kreis schließt sich in der jetzigen Ausstellung Original und Kontext, in dem diese Arbeit zusammen mit dem Film über Katz in der Wandelhalle gezeigt wird, ebenso wie drei seiner Werke, die das MKK erwerben konnte, unter denen das Kleurenspektrum van het daglicht (1997) und Amstel (2004) River Below, evening (1997) herausragen.
Guido de Werd
>> Digitale Sammlung MKK: Jan Andriesse - Kleurenspektrum van het daglicht, 1997 / MKK Dauerleihgabe des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V., erworben mit Unterstützung der Stiftung Dutch Art Works und der BankGiro Loterij