Auf den zweiten Blick 1.2

Johannes Wald - Ohne Titel, 2014

Johannes Wald hat sich intensiv mit der antiken griechischen Skulptur auseinandergesetzt. Während seiner Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve entstand diese Aktion und die daraus entwickelte Edition. Sie zeigt die verhüllte Skulptur der Göttin Minerva, deren Delphine Johannes Wald für diese Verhüllung hatte entfernen lassen.

Johannes Wald zu seiner Idee: Seit ich die Photographien der Faltenwürfe für „studying the greeks’ grace“ machte, schlummerte in mir die Idee, in Stein gehauenen Falten „echte“ Falten eines textilen Stoffes entgegen zu setzen. Es reizte mich zu sehen, ob am Ende die Illusion in Stein oder die Realität des Stoffes einen höheren Wahrheitsgehalt suggeriert. Als ich dann im Museum Kurhaus Kleve, zwischen all der zeitgenössischen Kunst, das Gewand dieser prächtigen – aus der Zeit gefallenen – Figur sah, erschien es mir als die passende Gelegenheit, dieses Experiment umzusetzen. (MKK)

>> MKK Digitale Sammlung
Über den Künstler Johannes Wald (*1980)

Johannes Wald hat an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe studiert. Er ist Bildhauer, der konzeptionell arbeitet, d.h. im Interesse seiner künstlerischen Arbeit stehen nicht Skulpturen oder Plastiken um herkömmlichen Sinn, sondern durch ihn intinierte Denkräume.

>> Website des Künstlers Johannes Wald

 

Die Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve

Die Klever Präsentation war – nach der Ausstellung in der Staatlichen Kunstsammlung Dresden - die zweite Solo-Ausstellung des Bildhauers in einem Museum. Ausstellung und Katalog trugen den Titel Johannes Wald: Geste & Gefühl / attempts at forming appropriate find.

 

>> Zur Ausstellung von Johannes Wald in Kleve (MKK 2014)

 

>> Zur Ausstellung von Johannes Wald in Dresden (Dresdner Skulpturensammlung, 2013)
Die Kunst der Faltenwürfe

Valentina Vlasic: „Bitte verliere noch ein Wort über die Skulptur der Pallas Athene, einer permanenten Installation in der Säulengalerie des Museum Kurhaus Kleve, die 1660 von dem Barockbildbauer des nördlichen Europas schlechthin, Artus Quellinus dem Älteren, geschaffen wurde und die griechische Göttin der schönen Künste und der Wissenschaften zeigt. Was hat Dir an ihr derart gefallen, dass Du ihr das Motiv Deiner Edition gewidmet hast. Was hingegen hattest Du – und, verzeih, das muss ich fragen, da man sie in Kleve seit mehr als dreieinhalb Jahrhunderten nur mit ihnen kennt – gegen die sie begleitenden Delphine?"

Johannes Wald: „Seit ich die Photographien der Faltenwürfe für ‘studying the greeks’ grace’ machte, schlummerte in mir die Idee, in Stein gehauenen Falten ‘echte’ Falten eines textilen Stoffes entgegen zu setzen. Es reizte mich zu sehen, ob am Ende die Illusion in Stein oder die Realität des Stoffes einen höheren Wahrheitsgehalt suggeriert. Als ich dann im Museum Kurhaus Kleve, zwischen all der zeitgenössischen Kunst, das Gewand dieser prächtigen – aus der Zeit gefallenen – Figur sah, erschien es mir als die passende Gelegenheit, dieses Experiment umzusetzen.
Die Delphine nehmen der Figur einiges an Klarheit und Eleganz, ich habe sie beiseite stellen lassen, da sie dem Experiment nicht zuträglich waren. Zudem glaube ich auch, dass sie mehr dem Kontext des ursprünglichen Aufstellungsortes (einem Wasserbecken im Barockgarten) geschuldet sind. An dem Ort, an dem die Pallas Athene heute steht, braucht sie die Wasser speienden Delphine nicht mehr, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.“

(aus dem Katalog der Klever Ausstellung, Seite 93)

>> Katalog zur Klever Ausstellung 2014, S.93 (Website Johannes Wald)

 

Ästhetische Forschung: Faltenwürfe
Die griechische Göttin Athene

Athene ist eine der zwölf olympischen Götter der griechischen Mythologie. Die Römer nannten sie Minerva.

>> FILM - Die 12 Götter des Olymp - Einfach erklärt (Griechenland.Entdecker, 1:51 min)

Athene, die von den Römern Minerva genannt wurde, wird in der griechischen Mythologie wegen ihrer Schönheit gerühmt. Im Gegensatz zur blanken Wut des Kriegsgottes Ares wird ihr als Göttin die intelligente Kriegsführung zugeschrieben. Im Wettstreit mit Poseidon schenkte sie den Menschen Griechenlands den Olivenbaum als Zeichen für Frieden und Fruchtbarkeit. Sie galt als Göttin der Kunst, de Weisheit und des Handwerks. Auch die Erfindung von Pflug und Joch der Rinder werden ihr zugeordnet, mit denen Wohlstand zu erzielen ist und über diesen Wohlstand auch im Sinne des bekannten Spruches der Bibel Schwerter zu Pflugscharen Frieden.

Wegen dieser Eigenschaften wurde sie zur Schutzgöttin und Namensgeberin Athens. Im Parthenon-Tempel der Stadt stand die Kolossalstatue der Athena Parthenos („Jungfrau Athene“), die der berühmteste Bildhauers der Antike, Phidias, 438 v. Chr. aus Gold und Elfenbein geschaffen hat.

Schriftsteller der Antike beschrieben die Skulptur. Viele Details finden sich in der Klever Minerva wieder: Die Sphinx am Helm, die Lanze, das Medusenhaupt auf dem Brustpanzer, Schlangen und die Zehen der Göttin in der Sandale,die unter dem Gewand herluken, … seit 2500 Jahren.

Athena wuchs gemeinsam auf mit Pallas, einer Tochter des Meeresgottes Triton. Dieser Triton wird als Mischwesen aus menschlichem Oberkörper und fischartigem Unterleib dargestellt. Bei einem spielerischen Schwertkampf verwundete Athene ihre Gefährtin Pallas tödlich und nannte sich fortan Pallas Athene.

>> FILM - La Sagesse Armée / Mannweib mit Esprit: Athene (Arte 25:51 min)

 

Das Bild der Pallas Athene (Minerva)

Der wegen wegen ihrer Schönheit gerühmten jungfräulichen Göttin weihten sie den größten Tempel ihrer Stadt, den Parthenon (übersetzt: Jungfrauengemach) auf der Akropolis. Dort stand die vom antiken Bildhauer Phidias geschaffenene Kolossalstatue der Athena Parthenos, die antike Schriftsteller beschrieben: Zu ihrer Darstellung gehören seit 2500 Jahren:

  • der Helm mit Sphinx
In der griechischen Mythologie ist dies ein Ungeheuer, das jeden verschlang, der das Rätsel der Sphinx nicht lösen konnte, aber am Ende durch die Lösung des Rätsels besiegt wurde: Die Weisheit siegte.
  • der Brustpanzer mit Schlangen und dem Haupt der Medusa
Medusa wurde durch Athene in ein Ungeheuer mit Schlangenhaaren verwandelt, das durch Enthauptung besiegt wurde. Das Haupt der Medusa galt als Schutz gegen Unheil.
  • die Lanze in ihrer Hand
Zeichen der Kriegerin
  • die Eule zu ihren Füßen
Symbol der Klugheit und Weisheit
  • die unter dem Gewand hervorschauenden Zehen
 

Auch bei der Klever Pallas Athene des Antwerpener Bildhauers Artus Quellinus d.Ä. (1609-1668) fehlen diese Attribute nicht.

AB Attribute der Pallas Athene / Minerva

 

>> MKK Digitale Sammlung
Ein Geschenk der Stadt Amsterdam an Johann Moritz

Die Skulptur der Pallas Athene schenkte die Stadt Amsterdam (erkennbar am Amsterdamer Wappen auf der Vase) dem Statthalter in der brandenburgischen Residenzstadt Kleve, Johann Moritz. Die Figur wurde von Artus Quellinus d.Ä. (1609-1668) aus Marmor gehauen.

Athene galt als Göttin derr intelligenten Kriegsführung, der Kunst, des Handwerks und der Weißheit. In der Sicht der Zeit besaß Johann Moritz genau die Eigenschaften, die in der griechischen Mythologie der Göttin zugeschrieben wurden:

  • Er war erfolgreicher Kriegsherr im Kampf der Niederlande gegen die spanischen Truppen (z.B. in Schenkenschanz).
  • Nach dem Friedensvertrag, der im Westfäischen Frieden geschlossen wurde, förderte Johann Moritz Kunst und Kultur in der Residenzstadt Kleve und ließ die barocken Gartenanlagen anlegen.

Auch die Weltkugel, auf der Minerva steht, verweist auf Johann Moritz, dessen Wahlspruch Qua patet orbis - Soweit der Erdkreis reicht lautete. Dieses Motto ist auch auf der Sammlungswand gegenüber der Minerva zu sehen, in deren Schubladen zahlreiche Schätze der Kunst und Wissenschaften des 17.Jahrhunderts lagern.

>> Trophäen als Friedenszeichen im Park - Wilhelm Diedenhofen / Rund um den Schwanenturm
Die Klever Minerva in Berlin

Nach dem Vorbild der Klever Minerva schuf Bartholomäus Eggers 1682 eine Figur für den Schloßpark in Berlin.

>> Die Berliner Minerva von Bartholomäus Eggers nach dem Klever Vorbild, 1682 (Bildhauerei in Berlin)